Samstag, 13. April 2013

Zu dick?

"Gott schickt das Fleisch und der Teufel sendet die Köche." (Taylor)

Kennen Sie jemanden, der durch Diäten schlank wurde? Also dauerhaft - nicht nur für ein paar Wochen oder Monate? Nein? Kein Wunder, denn die meisten Diäten machen nicht schlank, sondern dick.
Der so genannte "Jojo-Effekt" ist gnadenlos: 80 bis 90 Prozent vormals übergewichtiger Menschen sind innerhalb eines halben Jahres nach dem Fasten - wieder übergewichtig.


Lecker: Fett, Salz, Kohlenhydrate, Ballaststoffe!

Regelmäßiges Sattessen ist in der Natur nicht normal. Wochen- und monatelanges Fasten gehört zum normalen Jahresrhythmus vieler in freier Wildbahn lebender Tiere. Wenn aber nun ausreichend Nahrungsmittel zur Verfügung stehen und wir Menschen - evolutionär immer noch auf der Stufe des Steinzeitmenschen stehend - weiterhin bevorzugt energiereiche Nahrungsmittel voller Fett und Zucker (Pizza! Pommes! Schokolade!) in uns hineinschaufeln, dann ist Übergewicht die logische Folge. Die Speicherung von Depotfett ist für den menschlichen Organismus nun einmal rationelle Methode, sich Brennstoffvorräte zuzulegen. Da heißt es dann irgendwann: Ich mache eine Diät! Aber welche?

Die Diätenindustrie

Die Diskussion um die richtige Ernährungsform, zu der es erstaunlich wenig kontrollierte Studien, aber einen irre großen Markt gibt, ist von maximalen Gegensätzen beherrscht. So bezeichnet Otto Buchinger, Begründer des "Heilfastens", dieses als "König der Heilmethoden". Diesem wird von Michel Montignac, Bestsellerautor aus Frankreich, widersprochen, der predigt, "sorglose Völlerei" könne durchaus zu Schlankheit und Gesundheit führen, solange Kartoffeln und Weißmehl gemieden würden. Der Schweizer Arzt Bircher-Benner, Erfinder des Müslis, favorisiert ausschließlich Rohkost, Makrobiotiker hingegen nur Gekochtes. Der Mediziner Lothar Wendt prangert Eiweiß als "Gewebevergifter" an, während Robert Atkins, gleichfalls Mediziner, Blutzuckerstabilisierung durch "eiweißhaltige Kost aus Fleisch, Fisch und Eiern" zu bewirken hofft. Er wiederum verdammt die Kohlenhydrate, die allerdings den starken Zuspruch der Vollwertköstler finden.

Zwischenfazit: Vermutlich ist Zucker schuld

Diese ulkige Diskussion echter und selbsternannter Experten lässt nur in dem Punkt Übereinstimmung erkennen, dass in unserer Gesellschaft zuviel Fett und Zucker konsumiert werden (allerdings gibt es natürlich auch Studien - und zwar glaubhafte! - die auch diese These in Frage stellen: Fett mache gar nicht fett, nur der Zucker sei die Wurzel allen Übels). Halten wir also fest: Vermutlich ist der Zucker schuld.

Lecker: Fett, Zucker, Salz!

Dicke, Dicke, Dicke


"Ich bin froh, dass ich kein Dicker bin!" (Marius Müller-Westernhagen)

Mein Vater erzählte mir einmal folgende Geschichte: In den 40er-Jahren habe er Verwandte im Norden Deutschlands besucht. Dort habe es mittags so viel Fleisch zu essen gegeben, dass sogar er (Zeit seines Lebens ein überwiegender Fleischesser) ein Trauma davon getragen habe. Noch jahrelang habe er im Traum die Stimme seiner Gastgeber gehört: "Äss, Jungchen, äss, Fleisch, Jungchen, Fleisch!"


Der Durchschnittsdeutsche verzehrt pro Jahr 56 kg Schweinefleich (zum Vergleich: der weltweite Durchschnitt liegt bei 15 kg. Österreicher hingegen verzehren sogar 66 kg pro Jahr).
Nach Angaben des "Fleischatlas 2013" verbraucht ein Deutscher in seinem Leben im Schnitt über 1000 Tiere, 46 Schweine, 4 ganze Rinder und Schafe sowie einiges an Geflügel, darunter 945 Hühner. Im Durchschnitt verbraucht jeder Bundesbürger 19,3 Kilogramm Geflügel pro Jahr. Damit ist es die zweitbeliebteste Fleischsorte nach Schweinefleisch und liegt noch vor Rindfleisch. Pro Tag werden bundesweit über 1,7 Millionen Hühnchen geschlachtet, um die Nachfrage zu decken. (Quelle: Berliner Zeitung)



Lecker: Tierisches Eiweiß, Fett, Salz, Kohlenhydrate!

Übergewicht ist der wichtigste Krankheitsrisikofaktor in Industriestaaten, mit Auswirkungen vor allem auf Herz, Blutgefäße, Stoffwechsel und Verdauungsorgane.
Übergewichtige sind sich fast immer ihres Fehlverhaltens bewusst, ändern dies aber so gut wie nie. Sich nach einem genauen Diätplan beim Essen über einen längeren Zeitraum immer wieder zu kontrollieren, fällt manchem oft schwerer als ein vorübergehender völliger Verzicht auf Nahrung. Dies erklärt sich aus den psychosozialen Aspekten der Ernährung. Das Ernährungsverhalten setzt sich aus verschiedenartigen, in früher Jugend erlernten Ernährungsmustern zusammen - aus "Essen wie bei Muttern" wird "Essen wie Mutter". So wird bereits in der Kindheit auch die spätere Lebenserwartung weitgehend vorherbestimmt.

Fasten macht dick

"Bei leerem Magen / Sind alle Übel doppelt schwer." (Wieland)

Fastete angeblich 40 Tage: Jesus von Nazareth


Vor Beginn der Reformationszeit gab es eigentlich keine Kultur, in der es dem Menschen völlig freigestellt war, was wer wann essen durfte. Katholiken war bis vor dem zweiten Weltkrieg verbindlich vorgeschrieben, werktags nur eine volle Mahlzeit zu sich zu nehmen. Als nach dem zweiten Weltkrieg Fasten (zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag) und Abstinenz (kein Fleisch am Freitag) dem Gewissen des einzelnen überlassen wurden, empfanden dies viele als längst überfälligen Schritt. Jesus selbst soll 40 Tage lang gefastet haben (übrigens genau so lange, wie es für einen normalgewichtigen Menschen auch heute noch unter Medizinern als gesund gilt).
Ein weiteres Beispiel ist das Versöhnungsfest der Juden, Jom Kippur. Vor dem Fest darf 24 Stunden lang nichts gegessen werden, und der Fastenmonat des Islam, der Ramadan, gestattet nur Essen nach Sonnenuntergang. Der dies ernsthaft befolgende Gläubige soll nur wenig Obst und Käse zu sich nehmen.
Buddhistische Zen-Mönche und sog. "Heilige Männer" Indiens begleiten ihre Meditationszeiten ebenfalls mit Fasten, und es sind Bergvölker bekannt, die regelmäßig über mehrere Monate von der Umwelt abgeschnitten leben, zunächst ihre Vorräte aufbrauchen und anschließend fasten.
Das Fasten ist außerdem fester Bestandteil von Initiationsriten vieler Naturvölker, in denen junge Männer und Frauen fasten müssen, um "den Göttern näherzukommen".

Kranke Lebewesen verlieren gewöhnlich ihren Appetit, denn der Verdauungsvorgang benötigt allein schon ein Drittel der Energie, die in der Nahrung enthalten ist. Der zeitweilige Abbau von Depotfettreserven ist so gesehen insgesamt günstiger als die permanente Nahrungssuche, -aufnahme und -verdauung.

Warum also nicht einfach auch mal fasten?

Der Fastende freut sich oft über einen schnell einsetzenden Gewichtsverlust, der aber überwiegend auf eine Salz- und Wasserdiurese durch Ketonkörperbildung zurückzuführen ist.
Durch Hungern kommt es zu einer groben Umstellung im Stoffwechsel, beispielsweise wird die Stickstoffausscheidung drastisch reduziert. Unter Hungerbedingungen werden 1000 bis 2000 mg Stickstoff als Ammoniak ausgeschieden, Harnstoff wird kaum noch gebildet. Die häufig im Körper vermuteten "Schlacken" gibt es übrigens gar nicht - Stoffwechselprodukte werden von Darm und Nieren sowie über die Haut ausgeschieden. Fertig.

Für den Körper bedeutet Fasten eine große Anstrengung, Fett und Eiweiß werden aus Depots mobilisiert, wofür pro Tag zwei bis drei Liter Wasser benötigt werden. Bei extrem langen, eiweißfreien Fastenzeiten besteht die Gefahr, dass auch der Herzmuskel als Eiweißreserve angegriffen wird.


Lecker: Zucker, Fett, Eiweiß, Alkohol!

Die Steuerung der Stoffwechselvorgänge während des Hungerns hat vor allem die Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels zum Ziel. Das Gehirn verstoffwechselt täglich um die 115 g Glucose.
Der Tod infolge einer Unterernährung tritt allerdings nicht durch Hypoglykämie ein, sondern durch den Verbrauch von mehr als einem Drittel des Körpereiweißes.

Richtiges Hungern führt in den ersten zwei Wochen zunächst zu einem Eiweißabbau, da die verfügbaren Kohlenhydratreserven nur gering sind. Dies ist die Hauptursache für den Jojo-Effekt auch kontrolliert "heilfastender" Menschen. Sie hungern zwei Wochen, der Körper baut überwiegend Eiweiße ab, sie essen wieder, der Körper baut Depotfette auf.

Und nachher wiegt man mehr als vorher.

Wer also seinen Speck verlieren möchte und nicht seine Muskelmasse oder gar das Leben, der sollte sich etwas anderes zur Gewichtsreduktion einfallen lassen. Nur was?


Lecker: Alkohol und Zucker!


Wir wissen nicht, was Jesus von Nazareth zum Ansatz von "Weight Watchers" und gemeinsamen Diätrunden gesagt hätte. In der Bergpredigt (Matthäus 6,16-18) kam er immerhin auch einmal auf das Thema "Fasten" zu sprechen:

"Wenn ihr fastet, dann setzt keine wehleidige Miene auf wie die Heuchler. Sie vernachlässigen ihr Äußeres, damit die Leute ihnen ansehen, dass sie fasten. Ich versichere euch: Diese Ehrung ist dann schon ihr ganzer Lohn. Wenn du fastest, dann pflege dein Haar und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest, sondern nur dein Vater, der im Verborgenen ist. Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich belohnen."


Schlusswort: Mehr Schwung!

Wer sich viel bewegt, verbrennt viel Energie. Man nimmt dadurch ab. Geht natürlich nicht wirklich (ein bisschen schon), wenn man den ganzen Tag am Computer sitzt und Blogbeiträge wie diesen erstellen muss. Es geht auch nicht, wenn man mit dem Auto zur Arbeit und wieder zurück fährt. Oder zum Einkaufen. Oder ins Kino (wo man dann auch nur rumsitzt).

Und leider ist auch das so: Keine Diät ersetzt eine gesunde Ernährungsweise.

Vor allem eine exzellente Versorgung des Körpers mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen stärkt das Immunsystem. Ballaststoffe fördern die Verdauung, senken das (Darm-)Krebsrisiko und den Cholesterinspiegel. Karotinoide und Farbstoffe pflanzlichen Ursprungs wie Flavonoide (die auf beim Stoffwechselgeschehen freiwerdende sog. "Freie Radikale" repressorisch wirken und somit auch die Alterung des Körpers verlangsamen sollen) oder die in Kohlarten vorkommenden Indole greifen hemmend in den Prozess der Entstehung von Krebs ein.

Und jetzt zusammen: Keine Diät ersetzt eine gesunde Ernährungsweise und die fehlende Bewegung. Esst, was immer euch schmeckt, aber esst gesund - und bewegt euch dabei!


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