"Wer hat den schöneren Bart?" Schinka und der Kaiser. |
Da ich nicht alleine gereist bin (meine 16-jährige Tochter hat mich begleitet), rutschte der Besuch ans Ende des Kurztrips, da wir zuvor noch Naarden und Amsterdam besichtigt hatten. In Doorn trafen wir gegen halb fünf ein - die letzte Führung war um vier gewesen, und somit kam man auch gar nicht mehr rein, was schade, aber nicht unbedingt tragisch war, denn die eigentliche Sehenswürdigkeit liegt gar nicht im Schloss, sondern befindet sich etwas abseits, rechts daneben: Es ist der Sarg mit den sterblichen Überresten des letzten deutschen Kaisers, Wilhelm II. Da dieser weder in ausländischer Erde noch in einem Deutschland ohne Monarchie begraben sein wollte, ließ er sich dort ein Mausoleum errichten, in dem nun sein Sarg aufgebahrt ist.
Mausoleum Wilhelm II. |
Apropos Adler: Hinterlassenschaften des Hauses Hohenzollern, zu dem Wilhelm gehörte, finden sich noch heute in unseren Staatssymbolen: Die preußischen Farben schwarz und weiß sind noch immer die Farben der deutschen Nationalmannschaft, und das Wappentier der Hohenzollern, der Seeadler, nennt sich heute einfach Bundesadler und hängt als etwas fettere Version im Reichtstagsgebäude (was auf Wunsch der Hohenzollern übrigens knapp außerhalb der damaligen Stadtgrenze Berlins errichtet werden musste. Aber das ist eine andere Geschichte).
Ein besonders schönes Exemplar der Gattung "Adler" steht im Garten direkt neben dem Schloss. Sein Glasauge linst in Richtung Deutschland.
Hinter der Skupltur finden sich einige Grabplatten der ihrem Herrchen ins niederländische Exil gefolgten oder dort angeschafften, aber sicher dort verschiedenen Haustiere seiner Majestät, darunter "die treue Senta", die ihr Herrchen durch den ersten Weltkrieg begleitete (was sich gefährlicher anhört, als es wohl war), die aber immerhin 20 Jahre alt wurde, was für einen Hund exzeptionell ist. Der Name "Arno" klingt auch nach Hund, wohingegen "Topsy" Interpretationsspielraum lassen würde, gäbe es nicht das schöne Sprichwort, nach dem "Soldaten Hunde und Künstler Katzen" hätten. Und Wilhelm II. zählt dann doch eher weniger zu den Künstlern seiner Zeit, auch wenn Golo Mann über ihn schreibt: "Er war ein guter Schauspieler"
Kaisers Hund. Der Treueste der Treuen. |
Verkleinerter Abguss des Denkmals "Amazone zu Pferde" von Louis Tuaillon (das Original steht auf der Berliner Museumsinsel) mit Inschrift: "Ostpreussische Frauen ihrem unvergesslichen Kaiserpaare" |
Der Schriftsteller Heinrich Mann brachte es so auf den Punkt:
"Was die Welt erblickte, war ein Herrenvolk aus Untertanen."
Die Sache war aber nun leider die gewesen: Wilhelm hatte eine englische Mutter. Bei seiner Geburt - auf Wunsch der Mutter sollte ein englischer Arzt diese begleiten - wurde sein linker Arm verstümmelt und blieb verkürzt. Trotz seiner Behinderung wurde der junge Prinz Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen (so sein korrekter Name) zum Reitunterricht geprügelt. Später ritt er gerne und noch heute kann man in Doorn seinen letzten Arbeitszimmer-Stuhl bewundern: einen Sattel. Offenbar eine Variante des Stockholm-Syndroms.
Später begann der Kaiser dann ein Wettrüsten speziell mit Großbritannien, das mit dazu beitrug, dass Deutschland außenpolitisch isoliert wurde und in den ersten Weltkrieg steuerte.
Wer weiß, wie es gelaufen wäre, wenn ...? Hätten wir einen ersten Weltkrieg gehabt? Wenn ja, vielleicht hätte die Monarchie überlebt? Kein Geburtsfehler, kein Hitler, kein zweiter Weltkrieg? Gedanken im Schlosspark von Huis Doorn.
"Gott mit uns!" (Aufschrift auf der Flagge mit dem Wappen der Hohenzollern). "Gott ist immer mit den stärkeren Bataillonen." (Friedrich der Große) |
Weblink: http://de.wikipedia.org/wiki/Huis_Doorn
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen