Freitag, 9. August 2013

Mutmaßungen über den Cairn "Petit Mont" von Arzon (Bretagne, Frankreich)

Bei dem Cairn "Petit Mont" von Arzon im Süden der französischen Bretagne handelt es sich um ein Relikt der Jungsteinzeit, was bedeutet, dass er schon seit gut 7000 Jahren existiert - und damit etwa 3000 Jahre älter ist als die ägyptischen Pyramiden. 
Ich hatte zuletzt vor zwei Jahren die Gelegenheit, das Bauwerk zu besichtigen und mir ein paar Gedanken zu machen, was die rätselhaften Symbole im Inneren des Dolmen bedeuten könnten. 

Gesamtansicht des Cairns. Links erkennbar: der Eingang zum Bunker (heute Museum).


Der Cairn "Petit Mont befindet sich im Süden der Bretagne. Seine genaue Lage bei Google Maps ist hier zu finden.

Ein "Cairn" ist die Bezeichnung für eine Struktur aus Feldsteinen, welche mutmaßlich ein Grab bedeckten. Diese wurden von den Menschen der Jungsteinzeit um einen "Dolmen" herum errichtet - also um eine eine Art hintereinander aufgereihter Tische aus Stein.
Die Dolmen muss man sich wie einen schmalen Gang aus schweren Felsplatten vorstellen, der in eine kleine Kammer mündet, über welcher dann der Cairn als "Steinhügel" aufgehäuft wurde.

Der Süden der Bretagne ist übersät von solchen Bauwerken der frühen Menschen, daneben finden sich auch auch noch reichlich Menhire (die wir aus "Asterix und Obelix" als "Hinkelsteine" kennen).


Eingang zum Dolmen. Der "Türrahmen" stammt vermutlich aus römischer Zeit.

Das Faszinierende an diesen Bauwerken ist eigentlich, dass man so gut wie nichts darüber weiß, da die Bauherren der Jungsteinzeit einer Schriftsprache nicht mächtig waren und somit auch keine aufschlussreiche Dokumentation hinterlegen konnten. Die Innenwände der Dolmen sind mit diversen Symbolen übersät, von denen man aber eigentlich nur ein Paar menschlicher Füße wirklich eindeutig identifizieren kann. Alles andere bleibt der mehr oder weniger gut begründeten Fantasie und Spekulation der Archäologen überlassen.
Grund genug also für den interessierten Laien, sich einmal an dieser Diskussion zu beteiligen!


Die Bauphasen des Cairns "Petit Mont"


Die Entstehungsphasen des "Petit Mont" bei Arzon. Der hellblau markierte Dolmen wurde durch den Bunkerbau der deutschen Wehrmacht 1943 zerstört - ein weiteres Kulturverbrechen des zwanzigsten Jahrhunderts in deutschem Namen.

Der Cairn wurde in drei Bauphasen errichtet. Zunächst (4600 v. Chr., also etwa 2000 Jahre vor dem Alten Reich der Ägypter) wurde ein flacher Wall aufgeschüttet, dessen Rest noch in südwestlicher Richtung unter dem Hügel sichtbar ist. Funktion unbekannt.

Vor etwa 6000 Jahren wurde dann an die Wallanlage ein Dolmen angebaut und mit einem Cairn überdacht. Vermutlich (dieses Wort werden wir nun häufiger gebrauchen) befand sich eine Grabanlage im Inneren der Dolmen-Kammer. Der Dolmen wurde in west-östlicher Richtung angelegt, was - vermutlich - auf astronomische Kenntnisse und einen darauf bezogenen Kult hindeutet, wie er sich nicht selten findet (Stonehenge etc.).

Die dritte Bauphase vor ungefähr 4500 Jahren fügte dem Bauwerk zwei weitere Dolmen hinzu, von denen einer wieder west-östlich angelegt ist, ein weiterer leicht in Richtung Südwesten zeigt.

Im Jahre 1943 errichtete die deutsche Wehrmacht in diesem Kulturerbe dann brachial-barbarisch einen Bunker - und zerstörte dabei einen Dolmen gleich komplett (er wurde vom Bunker überbaut), ein weiterer wurde beschädigt.

Kulturbarbarei des Nazi-Reichs: Der Eingang zum ehemaligen Wehrmachtsbunker.


Das Innere der Dolmen

Der zuerst angelegte Dolmen lässt sich nur noch über den Bunker, in welchem sich heute ein Dokumentationszentrum befindet, erreichen. Immerhin haben ihn die deutschen Besatzer damals nicht zugeschüttet. Trotzdem kommt man nicht umhin, über so viel Kulturbarbarei den Kopf zu schütteln und sich als Nachkriegsdeutscher wieder einmal über die Vor- und Während-des-Kriegs-Deutschen zu schämen. Auch mein Vater war im Zweiten Weltkrieg als Soldat kurzzeitig in der Nähe von Rennes, der Hauptstadt der Bretagne, stationiert. Außer einem Cidre-Besäufnis sind mir aber keine kriminellen Machenschaften zu Ohren gekommen.


Hobby-Archäologe bei der Arbeit.


Merkwürdige Symbole

Am interessantesten ist der zweite Dolmen, der leicht südwestlich ins Innere des Cairns ragt und den man von der Ostseite aus ungehindert betreten kann. Ich habe mir einige der seltsamen Symbole auf den Steinplatten im Inneren etwas näher angeschaut. Dem unkundigen Betrachter erscheint das meiste zunächst wie kindisches Gekrakel ohne Sinn und Verstand. Dem kundigen übrigens auch.

Nun ist die Archäologie sicher schon ein Weilchen mit der Deutung der Symbole beschäftigt und hat einiges als "Äxte", "Beile", "Huftiere" undsoweiter interpretiert. Ich hingegen dachte im Inneren vor allem: Wenn ich das hier gebaut hätte, zum Beispiel als Grabstätte für jemand Wichtigen - was hätte ich auf die Wände gemalt? Und dann hatte ich eine Idee. Sie erhebt natürlich überhaupt nicht den Anspruch, wissenschaftlich zu sein - aber manchmal hilft es ja durchaus - wie etwa bei der Interpretation der Lyrik von Ernst Jandl - wenn man assoziativ an eine Sache heran geht, da man sonst auch weiterhin nur Bahnhof versteht. Also los!




Das einzig Konkrete, was man in der Kammer des nordöstlichen Dolmen erkennen kann, sind (in südlicher Richtung) zwei menschliche Füße. Alles andere sind Linien, die entweder zickzack- oder bogenförmig angeordnet sind. Rückwärtig ist noch ein Kreis zu erkennen, der an ein Tortendiagramm erinnert. Beim Blick auf dieses Symbol dachte ich: "Das ist bestimmt eine Sonne über dem Meer!" - und dabei fiel mir auf, dass ich von der Mitte der Kammer aus vermutlich in Richtung der aufgehenden Sonne blickte. Was, wenn auch die anderen Symbole quasi das zeigten, was man erkennen könnte, wenn man durch die Wände hindurch schauen könnte?


Alien Footprints? Oder ein Hinweis "In diese Richtung lebt deine Familie"?

Bis auf die beiden Menschenfüße fand ich einige Symbole, auf die diese Theorie zu passen schien:

  • Schaut man nach vorne, zeichnete sich eine Insel im Meer ab - und vom Dach des Bunkers aus erkennt man dort tatsächlich eine solche. 
  • Die Wellen sind hier im Winkel von 90 Grad geknickt - es erinnert an eine Meeresströmung - und tatsächlich befindet sich am Ausgang des Golfs von Morbihan bei Port Navalo nördlich des Petit Mont eine solche sehr starke Strömung - und zwar rechts vom Betrachter, also dort, wo der "Knick" der Wellen markiert wurde.
  • Blickt man nach Norden, kann man die Linien mit einem u-förmigen Rechteck als Landzunge im Meer deuten (nördlich des Hafens von Port Crouesty befindet sich neben Port Navalo eine weitere Landzunge bei Locmariaquer. Mit dem "Table des Marchand" (Dolmen und Cairn) sowie dem "Grand Menhir-Brisé" (zerbrochener Menhir) befinden sich dort ebenfalls eindrucksvolle Relikte aus der Jungsteinzeit. Der Grand Menhir Brisé ist der größte bekannte Menhir der Welt. Er wog 280 Tonnen und war etwa 20 Meter lang (heute liegt er dort umgestürzt und in mehrere Teile zerbrochen).
  • Im Süden - dort befinden sich die beiden Füße - liegt witzigerweise der Ort, wo ich übernachte (St. Gildas de Rhuys) - vielleicht waren die beiden Kinderfüße ein Hinweis "Hier lebt deine Familie"?



Blick auf den Atlantik vom Petit Mont - in der Mitte eine kleine Insel.

Blick in Richtung Süden: "Hier lebt deine Familie!"

Natürlich ist all dies reine Spekulation. Aber jeder Blick in Broschüren oder Fachbücher zum Thema macht schnell klar, dass auch die so genannten Experten ab einem gewissen Punkt nicht anders vorgehen als der interessierte Laie - es gibt einfach zu wenig Informationen aus jener Zeit.

Warum also nicht die Symbole an der Innenwand der Dolmen-Kammer wie folgt deuten:


"Tief ist der Brunnen der Vergangenheit", ließ schon Thomas Mann seinen Roman über den biblischen Joseph und seine Brüder beginnen - und fuhr fort: "Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?"
Die Bretagne ist voller Relikte aus der Steinzeit. Manchmal liegen diese Monumente vor irgendeiner Garage herum oder in irgendeinem Feld oder Garten. Manchmal sind sie aufwendig restauriert, wie der Petit Mont.
Ich kann nur jedem Besucher empfehlen, sich in der Bretagne diese Überreste unserer Vorfahren aus der Jungsteinzeit einmal selber anzuschauen - wer weiß, was sie uns noch so alles erzählen können?
Und Bunker werden wir oder andere hoffentlich nie wieder in Kulturdenkmäler fremder Nationen hineinbauen.

"Crosse-Gravierung": Archäologen interpretieren dies als ein "der Rangordnung entsprechendes Machtsymbol", etwa ein Zepter oder einen bischöflichen Krummstab. Meine Assoziationen deutet das eher als den Grand Menhir Brisé. Oder ... - aber das überlasse ich Ihrer Fantasie.



Weblinks

Bilder vom Petit Mont und von weiteren Dolmen und Menhiren:
http://mesolithikum.tumblr.com/

Wikipedia-Artikel zum "Petit Mont":
http://de.wikipedia.org/wiki/Le_Petit_Mont

Wikipedia-Artikel zu Gravierungen auf Megalithen der Bretagne
https://de.wikipedia.org/wiki/Gravierungen_auf_Megalithen_der_Bretagne

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