Sonntag, 14. Februar 2016

30 Jahre Führerschein

"Eines der besten Mittel gegen das Altwerden ist das Dösen am Steuer eines fahrenden Autos."
(Juan Manuel Fangio)

Heute vor 30 Jahren bestand ich endlich meine Führerscheinprüfung. Am Valentinstag 1986 entstieg ich überglücklich dem Fahrschulauto, denn dies war bereits mein zweiter Anlauf gewesen. Beim ersten Versuch hatte ich beim Linksabbiegen einer von rechts kommenden Frau galant die Vorfahrt gewährt, was der Prüfer, ein Herr Rübenhagen, allerdings als fehlende Kenntnis von Vorfahrtsregeln deutete und daraufhin die Prüfung abbrach. Auch schien ihm meine sture "Tempo-49"-Fahrweise auf die Nerven gegangen zu sein, über die er einen abfälligen Kommentar machte.

Zwei Wochen später hatte ich die erneute Chance, den begehrten "Lappen" zu erhalten - beim gleichen Prüfer. Ich hatte ein ziemlich mieses Gefühl und ließ allen anderen an diesem Tag erst einmal den Vortritt. Alle (!) fielen durch. Dann kam ich dran.

Ich fuhr zügig, was dem Prüfer zu gefallen schien, schaffte es sogar, bei Schnee und Eis den Wagen rückwärts einzuparken, und würgte den Motor nur einmal ab, weil mein Knie vor Aufregung zitterte. Diesmal gewährte ich niemandem unnötig die Vorfahrt, einem Golf nahm ich sie sogar beinahe - beide Augenbrauen des Fahrlehrers rauschten in die Höhe. Herrn Rübenhagen hingegen schien meine neue, offensivere Fahrweise zu gefallen. Vom Rücksitz ertönte es jedenfalls wohlwollend: "Endlich zeigen Sie mal, was Sie können!"

Damals gab es noch keine Probezeit, und als ich den begehrten Schein endlich in der Hand hielt, wusste ich: Damit konnte ich jetzt (sofern ich keinen wirklich großen Mist bauen würde) bis ans Lebensende Auto fahren.

Auch meine gleichaltrigen Freunde aus Wermelskirchen und Rheinberg bestanden damals ihre Führerscheinprüfungen. Hier einige Fotos solcher Jugendfreunde:


Mein Jugendfreund Michael starb 1986 bei einem Motorradunfall.

Kindergartenfreund Volker starb zur gleichen Zeit als Beifahrer eines Autos.

Grundschulfreund Thomas starb 1986 am Steuer seines Autos und nahm seine Freundin mit ins Grab.

Warum zeige ich hier Fotos von Gräbern? Weil genauso gut ICH da liegen könnte. Während meiner 30-jährigen Fahrpraxis bin ich immer wieder einmal in gefährliche Situationen geraten. Die gefährlichsten jedoch erlebte ich im ersten Jahr nach der Führerscheinprüfung. Und ich habe sie allesamt selbst verursacht.

Niemand fährt schlimmer als 18-jährige Männer. Zu meinem besten Freund fuhr - bzw. flog - ich regelmäßig über eine Kurvenstrecke, die ich in- und auswendig zu kennen meinte, beinahe auf zwei Rädern, so schwungvoll legte ich mich in die Kurven. Die Strecke wird hier aufgrund des im Herbst dort liegenden Laubes auch "die grüne Hölle" genannt. Man rutscht leicht weg. Einmal brach mein VW Polo in einer Rechtskurve plötzlich nach links aus, so dass ich auf die Gegenspur herüberrutschte, ausgerechnet in dem Augenblick, als mir ein Müllwagen der Stadtreinigung entgegen kam. Nur um Haaresbreite entging ich einem tödlichen Crash.

Unweit dieser Stelle meinte ich einmal einen etwas langsameren Verkehrsteilnehmer überholen zu müssen, was sich dann aber unerwartet in die Länge zog, bis mir in einer Kurve plötzlich ein Wagen entgegen kam. Eine Vollbremsung und blitzschnelles Wiedereinscheren retteten mir und meinem Gegenüber gerade noch so das Leben.

Natürlich kann man auch schuldlos sterben, ich erinnere mich an mir entgegen hüpfende Radkappen auf der Autobahn, auf Abfahrten frontal entgegenkommende Geisterfahrer-LKWs, an unmittelbar vor mir mit der Mittelleitplanke kollidierende Rentner-Autos und während der Fahrt einschlafende Mitfahrzentralen-Fahrer.

Was man in 30 Jahren am oder neben dem Steuer eines Autos halt so erlebt.

Jedes Jahr gibt es in Nordrhein-Westfalen über 500 Unfalltote (Quelle: Polizei). Das bedeutet, dass jede Woche in diesem Bundesland 10 Menschen auf den Straßen sterben. Hinzu kommen über 12.000 Schwerverletzte bei über 75.000 Verunglückten insgesamt. Wohlgemerkt, allein in diesem Bundesland.

Ich fahre heute seit 30 Jahren Auto - und zwar unfallfrei. Ich hatte Glück. Anders als Michael, Volker und Thomas. Ich bin mir dessen bewusst, jeden Tag aufs Neue.




Der begehrte "Lappen".
Ähnlichkeiten mit der Person auf dem Foto sind allenfalls zufälliger Natur.



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