Wo Liebe wächst, gedeiht Leben - wo Hass aufkommt, droht
Untergang.
(Mahatma Gandhi)
Wie soll man über einen Kurztrip nach Auschwitz berichten? Ehrlich, ich weiß es nicht genau. An diesem Ort wiegt manches Wort schwerer als andere Worte, an anderem Ort leichtfertig dahergesagt. Ich werde es trotzdem versuchen.
Ankunft
29. Dezember 2018. Ich bin angekommen. Nach vielen Stunden Fahrt über die Autobahnen Deutschlands und Polens bin ich, 1000 km von zu Hause entfernt, hier angekommen. Was wird mich empfangen?
Rauch quillt aus den Schornsteinen in Brzezinka. Es herrscht Inversionswetter im ehemaligen "Birkenau", kalt steht Haus neben Haus - und die Menschen, die aus unerfindlichen Gründen noch immer hier, in der Sumpflandschaft zwischen Weichsel und Soła, leben und mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt sind, heizen im Winter mit Braunkohle. Man riecht es.
Graue Wolken kriechen aus Schornsteinen über die kleine Landstraße, über die ich versuche, mit meinem Auto, ausgerechnet einem Volkswagen, nach Auschwitz-Birkenau zu gelangen. Manchmal fahre ich langsamer, um mir die Gegend näher anzusehen, in der Deutsche 1941 das größte Massenvernichtungslager der Welt errichteten und das bisher wohl größte Verbrechen der Menschheit begingen.
Außer einem Mann, der am Straßenrand steht und mich nicht anschaut, sehe ich keine Menschen. Dann erreiche ich das ehemalige Vernichtungslager von Norden her.
Es zieht sich schier endlos bis zum ehemaligen Haupttor, wo trotz des Nieselregens eine Vielzahl von Menschen, die Bussen und Autos entsteigen, in Gruppen umher läuft. Ich beschließe, gleich einmal zu schauen, ob man tatsächlich einfach so in das ehemalige Lager gelangen kann, und steuere einen kostenpflichtigen Parkplatz an, direkt gegenüber des Tores, das man von Bildern und aus Filmen kennt.
Außer einem Mann, der am Straßenrand steht und mich nicht anschaut, sehe ich keine Menschen. Dann erreiche ich das ehemalige Vernichtungslager von Norden her.
Es zieht sich schier endlos bis zum ehemaligen Haupttor, wo trotz des Nieselregens eine Vielzahl von Menschen, die Bussen und Autos entsteigen, in Gruppen umher läuft. Ich beschließe, gleich einmal zu schauen, ob man tatsächlich einfach so in das ehemalige Lager gelangen kann, und steuere einen kostenpflichtigen Parkplatz an, direkt gegenüber des Tores, das man von Bildern und aus Filmen kennt.
Irritiert fällt mein Blick auf einen Museumsshop, und ich frage mich, was man dort wohl kaufen kann. Es ist der erste Museumsshop, den ich nicht betreten mag.
Das Tor
Die dir zugemessene Zeit ist so kurz, dass du,
wenn du eine Sekunde verlierst, schon dein ganzes Leben
verloren hast,
denn es ist nicht länger;
es ist immer nur so lang wie die Zeit, die du verlierst.
Lagertor Auschwitz II-Birkenau (von außen) |
Die Einfahrt sieht dank der zwei darüber befindlichen Fenster aus wie ein weit aufgesperrtes Maul. Die ehemalige Einfahrt ist mit einem Eisentor verschlossen, der heutige Eingang befindet sich links daneben, und man kann wirklich einfach so hinein- und herausspazieren. Ein Eintritt wird nicht gefordert, im Eingangstor hängt eine Spendenbox, die ich beim Verlassen reichlich befüllen werde.
Das Tor scheint einen anzuschauen. Man kennt es aus Spielfilmen und Dokumentationen, und irgendwie steht es auf besondere Art und Weise für diesen grauenvollen Ort. Unter dem Wachturm fuhren einst die Züge in die Todesfabrik ein - mit hilflosen und verängstigten Menschen, die diesen Ort bis auf sehr wenige Ausnahmen nicht mehr verlassen sollten.
Schon beim Betreten irritieren mich die vielen Menschen; ich hatte mir stets vorgestellt, hier Ende Dezember mehr oder weniger allein zu sein und den Opfern und Geschehnissen der Vergangenheit unmittelbar in tiefer Einkehr gedenken zu können. Stattdessen komme ich mir nun vor wie an einem anderen Ort des Massentourismus und realisiere, dass Auschwitz eben nicht nur ein Ort des stillen Gedenkens ist, sondern auch eine internationale Sehenswürdigkeit wie der Eiffelturm oder Schloss Neuschwanstein.
Nicht alle Besucher sind in nachdenklicher Stimmung unterwegs. Einige lachen, manche hüpfen albern über Pfützen, einige fotografieren sich oder ihre Begleitung, machen Selfies von sich vor dem Lagertor. Happy Yolocaust, Me in Auschwitz, nice place. Dennoch sind auch viele Menschen bemüht, in angemessener Weise diesen Ort zu besichtigen.
Das Tor scheint einen anzuschauen. Man kennt es aus Spielfilmen und Dokumentationen, und irgendwie steht es auf besondere Art und Weise für diesen grauenvollen Ort. Unter dem Wachturm fuhren einst die Züge in die Todesfabrik ein - mit hilflosen und verängstigten Menschen, die diesen Ort bis auf sehr wenige Ausnahmen nicht mehr verlassen sollten.
Schon beim Betreten irritieren mich die vielen Menschen; ich hatte mir stets vorgestellt, hier Ende Dezember mehr oder weniger allein zu sein und den Opfern und Geschehnissen der Vergangenheit unmittelbar in tiefer Einkehr gedenken zu können. Stattdessen komme ich mir nun vor wie an einem anderen Ort des Massentourismus und realisiere, dass Auschwitz eben nicht nur ein Ort des stillen Gedenkens ist, sondern auch eine internationale Sehenswürdigkeit wie der Eiffelturm oder Schloss Neuschwanstein.
Nicht alle Besucher sind in nachdenklicher Stimmung unterwegs. Einige lachen, manche hüpfen albern über Pfützen, einige fotografieren sich oder ihre Begleitung, machen Selfies von sich vor dem Lagertor. Happy Yolocaust, Me in Auschwitz, nice place. Dennoch sind auch viele Menschen bemüht, in angemessener Weise diesen Ort zu besichtigen.
Ich begleite die Massen noch ein Stück zur ehemaligen "Rampe". Dann werde ich das Lagergelände erst einmal wieder verlassen, da ich mich in Gegenwart der Menschenmengen nicht konzentrieren kann auf all das, was sich hier vor mir ausbreitet.
Am nächsten Tag kehre ich zurück.
Die Rampe
Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der
hat keinen zu verlieren.
(Gotthold Ephraim Lessing)
Ehemalige Selektionsrampe. Am Ende der Rampe befanden sich je rechts und links unmittelbar ein Krematorium mit Gaskammer. |
Alle Besucher wechseln nach Betreten des ehemaligen Lagers fast einhellig nach rechts hinüber zur ehemaligen Rampe, niemand verbleibt links auf dem direkten Weg zum Gedenkplatz zwischen den ehemaligen Gaskammern und Krematorien. Auch ich werde wie magisch nach rechts hinüber gezogen zur ehemaligen Rampe der Ankunft und der Selektionen, dem Vorgang des "Aussortierens", wie man damals sagte.
Man hat dort einen einzigen Waggon stehen lassen, damit man "es" sich besser vorstellen kann, und doch kann "es" sich niemand vorstellen, wie es gewesen sein muss, als hier die Familien voneinander getrennt und Menschen aus- und damit für immer wegsortiert wurden, wie man damals auf deutscher Täterseite sagte (der Begriff "Selektionen" wurde erst später hierfür benutzt): "Männer nach rechts, Frauen nach links, Kinder auch, Mütter, Kinder und alte Frauen ganz nach links!", so ertönte es hier - und dann ging alles, was ganz links stand, geradeaus weiter zu einer der beiden dortigen Gaskammern, wo man sich auszog und teilweise samt seiner eigenen Eltern, Großeltern und Kinder vergast und anschließend verbrannt wurde. Kleidung und Haupthaar wurden zuvor gesammelt, sortiert und verwertet, Goldzähne nach der Vergasung und vor der Verbrennung entfernt.
Was auf der Rampe "Glück" gehabt hatte und rechts stand, wurde in den nächsten drei Monaten dann üblicherweise durch Hunger und Arbeit vernichtet.
Was auf der Rampe "Glück" gehabt hatte und rechts stand, wurde in den nächsten drei Monaten dann üblicherweise durch Hunger und Arbeit vernichtet.
Die Gaskammern
Der Tod eines Mannes ist eine Tragödie, aber der Tod von
Millionen nur eine Statistik.
(Josef Stalin)
Eingang zum ehemaligen Krematorium III - Eingang zum Entkleiden (mi.) und zur Gaskammer (l.) |
Rechts und links am Ende der Rampe befinden sich die ehemaligen Gaskammern und Krematorien II und III (das erste "Krematorium I" befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Stammlagers Auschwitz I).
Man erkennt noch alles. In den letzten Tagen von Auschwitz-Birkenau sprengte die SS diese Orte zwar in die Luft, aber man kann auch heute noch recht gut die Struktur der ehemaligen Vernichtungsmaschine sehen. Baupläne und Blaupausen gibt es zudem auch noch. Alles ist schön symmetrisch angelegt: Eingang, ein paar Treppen hinunter, Entkleidung, dann nach links oder rechts zur Seite zu den Gaskammern, die als Duschen getarnt waren, um die Opfer ruhig zu halten, ein zusätzliches lautes "Merken Sie sich Ihre Nummer, nach der Dusche wartet schon der Kaffee!" tat sein Übriges, dann Zyklon B, von oben in Luken geschüttet, Angst, Panik, Aneinanderklammern, verzweifeltes An-Türen-Schlagen und Wändezerkratzen, Aufeinanderklettern, sich ineinander verklammern und im Todeskampf verhaken, ersticken und sterben.
So wurde man hier "sonderbehandelt" und "der Endlösung zugeführt", wie die Täter sagten.
Wohin mit den Leichen? Über den Vergasungskammern warteten schon die Krematorien. In der Mitte eine zentrale Rinne, um die Leichen besser entlangziehen zu können auf dem Weg zum Ofen, der von Mai bis Herbst 1944 quasi nonstop arbeitete (Hersteller: Firma "Topf und Söhne"). Zu Spitzenzeiten wurden gleich mehrere Leichen zusammen in die Verbrennungsröhren geschoben. Haut und Körperfett brannten, die Leibeshöhle platzte, die Organe verkohlten, nach 20 Minuten war aus einem Menschen ein Haufen Asche und Knochensplitter geworden.
Man erkennt noch alles. In den letzten Tagen von Auschwitz-Birkenau sprengte die SS diese Orte zwar in die Luft, aber man kann auch heute noch recht gut die Struktur der ehemaligen Vernichtungsmaschine sehen. Baupläne und Blaupausen gibt es zudem auch noch. Alles ist schön symmetrisch angelegt: Eingang, ein paar Treppen hinunter, Entkleidung, dann nach links oder rechts zur Seite zu den Gaskammern, die als Duschen getarnt waren, um die Opfer ruhig zu halten, ein zusätzliches lautes "Merken Sie sich Ihre Nummer, nach der Dusche wartet schon der Kaffee!" tat sein Übriges, dann Zyklon B, von oben in Luken geschüttet, Angst, Panik, Aneinanderklammern, verzweifeltes An-Türen-Schlagen und Wändezerkratzen, Aufeinanderklettern, sich ineinander verklammern und im Todeskampf verhaken, ersticken und sterben.
So wurde man hier "sonderbehandelt" und "der Endlösung zugeführt", wie die Täter sagten.
Wohin mit den Leichen? Über den Vergasungskammern warteten schon die Krematorien. In der Mitte eine zentrale Rinne, um die Leichen besser entlangziehen zu können auf dem Weg zum Ofen, der von Mai bis Herbst 1944 quasi nonstop arbeitete (Hersteller: Firma "Topf und Söhne"). Zu Spitzenzeiten wurden gleich mehrere Leichen zusammen in die Verbrennungsröhren geschoben. Haut und Körperfett brannten, die Leibeshöhle platzte, die Organe verkohlten, nach 20 Minuten war aus einem Menschen ein Haufen Asche und Knochensplitter geworden.
Ein Teil des Sonderkommandos aus Häftlingen zerkleinerte die verbliebenen Knochen weiter zu unkenntlicher Asche, und all die Asche wurde in umliegende Flüsse verteilt, im Lager, auf Wiesen, alles hier ist voll von den Überresten ermordeter Menschen, auch wenn man davon nichts mehr sieht. Auschwitz-Birkenau und die ganze Gegend drumherum ist der größte Friedhof der Welt.
Krematorium IV und V
"Der Tod ist ein Meister aus Deutschland"
(Paul Celan, "Todesfuge")
Vor dem ehemaligen Krematorium V. |
Ein Scheiterhaufen aus Menschenfleisch ist nichts, was man sich vorstellen möchte. Und doch befand er sich auf dieser kleinen grünen Fläche vor dem ehemaligen Krematorium V.
Im Sommer 1944 brannte er an dieser Stelle.
Wikipedia: "Von vielen Häftlingen des Sonderkommandos wurde berichtet, dass an den Enden der Verbrennungsgruben Vertiefungen waren, in die über eine mittig angelegte Rinne das Fett der Leichen hineinfloss. Dieses wurde mittels an Stangen angebrachter Eimer herausgeschöpft und als Brennstoff über die Leichen gegossen. Dieses Rinnensystem hatte Hauptscharführer Otto Moll erdacht, und er gab beim Anlegen der Verbrennungsgruben genaue Anweisungen, wo und wie die Rinnen und Vertiefungen angelegt werden mussten. So sollte offensichtlich die Verbrennung beschleunigt und der Bedarf an Brennholz reduziert werden."
Wikipedia führt weiter aus: "Moll tat sich insbesondere bei der Tötung von Frauen und Kleinkindern hervor. So führte er laut [eines Überlebenden des Sonderkommandos] Filip Müller oftmals attraktive Jüdinnen an den Rand der Feuergruben, um sich an ihrer Angst zu erfreuen. Er sagte ihnen lüsterne Worte ins Ohr, gab ihnen dann einen Schuss in den Hinterkopf und ließ sie ins Feuer fallen. Kleine Opfergruppen von jeweils bis zu 200 Personen wurden von Moll und seinen engsten Mitarbeitern, den Kommandoführern Josef Eckhardt und Ewald Kelm eigenhändig erschossen oder lebendig ins Feuer geworfen, da die Verwendung von Giftgas als Verschwendung bewertet wurde. Auch Kranke, Alte und Invaliden wurden von Moll oder dementsprechend instruierten Kollegen mit Lastwagen an die Feuergruben delegiert und lebendig in die Flammen gekippt. [...] Fast sämtliche Zeugenaussagen verdeutlichen, dass Moll einen krankhaften Drang hatte, ständig zu foltern und zu töten. Er erschlug kleine Personengruppen mit Knüppeln und Eisenstangen, übergoss Menschen mit Benzin und zündete sie an, warf des Diebstahls überführte Häftlinge zur Strafe in den Krematoriumsofen, er hetzte Hunde auf seine Opfer, trieb sie gegen elektrisch geladene Zäune, tötete Kinder vor den Augen ihrer Eltern und peinigte Todgeweihte auf ihrem Gang in die Gaskammer. [...] Der Überlebende des Sonderkommandos Filip Müller beschreibt in seinem Buch am detailliertesten Molls Grausamkeiten. Er führt bspw. aus, dass dieser oft durch die Masse der zur Vergasung vorgesehenen Ankömmlinge schlenderte, sie beim Ausziehen beobachtete und Kleinkinder mit Süßigkeiten von ihren Müttern fortlockte, um sie draußen ins siedende Fett der Feuergruben zu werfen."
Von den Massenverbrennungen der Menschen gibt es Fotos.
Der Sonderkommando-Häftling Alberto Errera machte aus einer
Tür beim Krematorium V zwei Fotos von den Verbrennungsgruben, zwei
weitere von ausgekleideten Opfern, die vor der Gaskammer stehen. [Link] Auch diese Fotos beweisen den Holocaust.
Der Geruch verbrannten Fleisches muss in der gesamten Umgebung zu riechen gewesen sein.
Auch die Royal Air Force machte aus großer Höhe am 23. August 1944 ein Foto. In der Mitte links des Bildes [Link] ist der Rauch gut zu erkennen.
Doktor Mengele im "Zigeunerlager"
Geistlose kann man nicht begeistern, aber fanatisieren
kann man sie.
(Marie von Ebner-Eschenbach)
Ich gehe zum so genannten ehemaligen "Zigeunerlager", in dem Lagerarzt Josef Mengele mit Zwillingen experimentierte.
Ein paar Minuten Weg durch matschige Wege in einem großen Nichts, aus dem rechts und links dürre Schornsteinreste in den Himmel starren, und ich stehe in den Resten von Mengeles "Forschungs-"Baracke.
Josef Mengele stammte aus "gutem" Hause, worunter man sich eine wohlhabende Industriellenfamilie vorstellen muss, katholisch-konservativ und deutschnational. Er studierte Medizin und spezialisierte sich auf einen nach heutigen Maßstäben komplett unsinnigen Zweig der "Rassenkunde", beispielsweise wollte er den Nachweis der Rassezugehörigkeit anhand von Kieferabschnitten erbringen - aus heutiger Sicht wissenschaftlicher Nonsens.
1938 promovierte er mit „Sippenuntersuchungen bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte“ mit der Höchstnote. Die Doktograde wurden ihm 1960 und 1961 wieder aberkannt.
Mengele war im gesamten Lager Auschwitz als Lagerarzt tätig. Bei Selektionen auf der Rampe, an denen er gerne teilnahm, pfiff er gelegentlich die "Träumerei" von Robert Schumann oder Themen aus "Rigoletto". Von der Notwendigkeit einer Ausrottung aller Juden war er überzeugt, seine Maßnahmen waren kalt und brutal.
Wikipedia: "Als Ende 1943 im Frauenlager, das zu
diesem Zeitpunkt unter seiner Aufsicht stand, eine Typhusepidemie ausbrach,
ließ er die 600 Insassinnen eines ganzen Blocks vergasen und den Block
anschließend desinfizieren. In diesen Block wurden dann die Frauen des nächsten
Blocks verlegt, der geleerte Block desinfiziert und so fort. So ging er auch
gegen ungarische Jüdinnen im Lager B IIc vor, die an Scharlach erkrankt waren,
und gegen jüdische Kinder im Lager B IIa, unter denen sich die Masern
verbreitet hatten. Auch im 'Zigeunerlager' schickte Mengele alle Kranken mit
solchen potentiell epidemischen Infektionen in die Gaskammern.
[...]
Bei Entlausungsaktionen ließ er Kranke ohne Rücksicht auf
ihren Zustand stundenlang nackt ausharren, auch im Winter bei Schnee und Regen
im Freien, so dass viele starben. Sechzig Tuberkulosekranke schickte er im
Spätherbst 1943 offenkundig in die Gaskammern, so dass keiner mehr wagte, sich
mit Brustschmerzen krankzumelden. Krätze bekämpfte er im Frühjahr 1944 mit
einem Säurebad, das zwar desinfizierte, aber lebensgefährlich war. Das
besondere Interesse Mengeles erregten allein die sich ausbreitende Erkrankung
an Noma [googeln Sie`s lieber nicht!], Zwillinge, Kinder mit angeborenen Anomalien und Menschen mit
unterschiedlich farbigen Augen (Iris-Heterochromie)."
Einmal nähte Josef Mengele aus purer Freude am Forschen zwei eineiige Zwillinge am Rücken und an den Handgelenken zusammen und schuf so ein künstliches "siamesisches" Zwillingspaar. Die vollkommen traumatisierten Kinder weinten Tag und Nacht vor sich hin, litten an Wundbrand und wurden von den eigenen Eltern aus Mitleid erstickt.
Einmal nähte Josef Mengele aus purer Freude am Forschen zwei eineiige Zwillinge am Rücken und an den Handgelenken zusammen und schuf so ein künstliches "siamesisches" Zwillingspaar. Die vollkommen traumatisierten Kinder weinten Tag und Nacht vor sich hin, litten an Wundbrand und wurden von den eigenen Eltern aus Mitleid erstickt.
Die Größe
"Schwarze Milch der Frühe, wir trinken dich morgens
und abends, wir trinken und trinken."
(Paul Celan, "Todesfuge")
Das Lager scheint schier endlos. Ich bewege mich im Uhrzeigersinn langsam in Richtung Ausgang, komme an kleinen Gruppen vorbei, an Israelis, an Deutschen, an Amerikanern. Alle sprechen leise. An der Nordseite des Lagerkomplexes ist es überhaupt ruhiger als im Bereich des Eingangs.
An der Ostseite stehen einige erhaltene Baracken, von denen ich eine besichtige. Beim Verlassen stolpere ich über zwei Chinesinnen, die lachend Selfies machen. Ich sage nichts, weil das absurd wäre, hier als Deutscher herumzuschnauzen, und gucke nur etwas grimmig. Dann verlasse ich Auschwitz-Birkenau durch das Tor, durch das ich herein kam.
Stammlager
"Die Gedanken sind frei,
wer kann sie erraten,
sie fliehen vorbei,
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen.
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei."
Ein paar Kilometer entfernt befindet sich das ehemalige Stammlager Auschwitz I. Hier begann alles, auch hier wurden Tausende ermordet, viele starben an einer Erschießungswand.
Über dem Lagertor empfängt einen der höhnische Spruch "Arbeit macht frei". Das B wurde falsch herum in die eiserne Tor-Dekoration eingefügt, angeblich eine unbemerkte Widerstandstat eines Häftlings. Der Gedanke gefällt mir.
Das erste Krematorium
"Wir haben gesungen, wir haben Gott angerufen: 'Hilf uns, lieber Gott!' Aber Gott hat nicht geholfen."
(Estrongo Nachama, jüdischer Häftling, Auschwitz-Birkenau)
Ich spaziere von der Erschießungswand zur ersten Gaskammer von Auschwitz. Hier wurde erprobt, was später noch Millionen angetan werden sollte: Ermordung, Vergasung, Verbrennung.
Ich gehe durch das vollständig erhaltene Krematorium und seine Gaskammer.
Es schaudert mich.
Der "gute" Galgen
Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen:
Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und
Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann
ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann
ist man kein Nazi. (Gerhard Bronner)
Neben dem Krematorium wurde Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß am 16. April 1947 gehenkt.
Höß hatte nach Kriegsende und Verhaftung noch Zeit, seine Memoiren zu verfassen, die ich vor über 10 Jahren einmal gelesen habe. Der Mann gibt dort gefühlsarm und sachlich detailliert Auskunft und versteht nicht so recht, warum man ihn für einen Verbrecher hält, habe er doch immer im Dienst einer höheren Autorität gehandelt.
Addiert man die von ihm genannten Opferzahlen, kommt man auf ca. 1,13 Mio. Ermordete. Das entspricht in etwa der gesamten Einwohnerzahl Kölns.
Aber kann man sich das Leid darum besser vorstellen? Spielen die Zahlen eine Rolle? Und wenn ja, welche? Und wer trägt nun Schuld?
Eins steht fest: Hitler hat nicht alles alleine getan.
Und es waren nicht nur Nazis, die es taten.
Und noch etwas steht fest:
So etwas darf niemals wieder geschehen. Niemals wieder.
Nicht in Deutschland. Und nicht irgendwo anders.
Nicht bis zum letzten Atemzug der Menschheit.
Höß hatte nach Kriegsende und Verhaftung noch Zeit, seine Memoiren zu verfassen, die ich vor über 10 Jahren einmal gelesen habe. Der Mann gibt dort gefühlsarm und sachlich detailliert Auskunft und versteht nicht so recht, warum man ihn für einen Verbrecher hält, habe er doch immer im Dienst einer höheren Autorität gehandelt.
Addiert man die von ihm genannten Opferzahlen, kommt man auf ca. 1,13 Mio. Ermordete. Das entspricht in etwa der gesamten Einwohnerzahl Kölns.
Aber kann man sich das Leid darum besser vorstellen? Spielen die Zahlen eine Rolle? Und wenn ja, welche? Und wer trägt nun Schuld?
Eins steht fest: Hitler hat nicht alles alleine getan.
Und es waren nicht nur Nazis, die es taten.
Und noch etwas steht fest:
So etwas darf niemals wieder geschehen. Niemals wieder.
Nicht in Deutschland. Und nicht irgendwo anders.
Nicht bis zum letzten Atemzug der Menschheit.
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Weblinks:
Die Auschwitz-Alben:
Die Auschwitz-Ärzte des Todes:
Die Auschwitz-Alben:
Die Auschwitz-Ärzte des Todes: